Wenn Frauen* nicht zuhause bleiben können

Die bereits beschriebene zusätzliche Belastung durch Reproduktionsarbeit kommt auch bei Frauen*, die in diesem Bereich tätig sind, häufig hinzu. Auch wenn es für diese Berufe eine Notbetreuung gibt, so bleibt nicht viel Zeit nach Feierabend, in der die Kinder nicht rausgehen und am Besten keine Freund*innen treffen sollen. Die Arbeit nach der Lohnarbeit geht also weiter und an Entlastung und Entspannung ist kaum zu denken. Da helfen auch Applause vom Balkon nicht viel.

Es lässt sich erkennen, dass zum einen soziale Ungleichheiten verstärkt hervortreten und eine Durchführung der zur Zeit wichtigen Maßnahmen nicht für alle so umsetzbar ist sowie schwerwiegende Auswirkungen haben kann. Als feministischer Zusammenhang war es uns wichtig, anhand von kurzen Beispielen diese Themen anzureißen.

Es bleiben unter Anderem weitere Fragen offen: wie ist die Situation von migrantischen Frauen* in Lagern sowie in einer zunehmend rassistischen Gesellschaft? Welche Einschränkungen sind für Sexarbeiter*innen zur Zeit spürbar? Wie sind queere Personen, zum Beispiel durch das Schließen von Arztpraxen, betroffen? Wie sieht es mit dem Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und Schwangerschaftsabbrüche in Zeiten der „Corona-Krise“ aus?

Um zu erkennen, dass wir eben nicht alle gleich mit den Maßnahmen umgehen können, da nicht alle die gleichen Voraussetzungen dazu haben, bedarf es einer Auseinandersetzung mit dem gegenwärtig kapitalistisch-patriarchalen System und unterschiedlich verteilten Privilegien sowie das Stärken solidarischer Vernetzungen und das Stellen politischer Forderungen.

Lasst uns solidarisch miteinander bleiben und andere Lebensrealitäten mitdenken, bevor wir Menschen dafür verurteilen, dass sie „Regeln nicht einhalten“! Lasst uns miteinander sprechen und uns nicht alleine lassen in der Isolation! Lasst uns Nummern von Beratungsstellen für häusliche Gewalt in der Nachbar*innenschaft verteilen! Lasst uns für gegenseitige Entlastung sorgen, indem wir füreinander einkaufen gehen und anbieten, Kinderbetreuung zu übernehmen! Lasst uns den temporären Leerstand durch den ausbleibenden Tourismus nutzen und die Räume für Personen ohne (sicheren) Wohnraum und geflüchtete Menschen, die in Lagern leben müssen, öffnen! Und lasst uns nicht vergessen, wie stark wir gemeinsam sind! Lasst uns den unterdrückenden Strukturen mit kreativen Protestformen, bei denen wir uns und andere schützen, etwas entgegensetzen!

• https://coronawurfpost.noblogs.org/post/2020/04/15/wenn-frauen-nicht-zuhause-bleiben-konnen/